Trailrunning beim Mozart100

Endlich war es soweit: Wettkampfwochenende! Nachdem ich mir vor gut einem Jahr das Ziel gesetzt hatte beim Mozarz100 zu starten, sollte es nun soweit sein und ich war am Weg nach Salzburg. In der Woche vorm Start hatte ich meinen Wettkampfplan konkretisiert und fühlte mich bereit (soweit man sich bereit fühlen kann). Nachdem ich voller Vorfreude meine Startnummer geholt und das Racebriefing absolviert hatte, gab es noch die verpflichtende Portion Nudeln vorm Start. Früh ging es ins Bett, der Start war ja schon um 05.00 Uhr.

Bild 1: Raceplan für meine Crew (Links) und Startnummer (Rechts).

Zeitig ging es also los und ich spazierte durch das verschlafene Salzburg zum Kapitelplatz. Wenn alles gut ging, dann würde ich (hoffentlich) heute Abend wieder hier einlaufen. Aber daran wollte ich nicht zu viel denken. Ein paar Läufer:innen beobachtete ich beim Aufwärmen „Leute, das ist ein Ultra kein 5km Lauf, da reichen die ersten paar Kilometer zum Warmwerden…besser Energie sparen“, dachte ich mir und bewegte mich zum Start. Da wir mitten in Salzburg zeitig in der Früh starteten gab es keine laute Musik, aber die Vorfreude & Energie spürte man dennoch.

Bild 2: Am Weg zum Start in der Dämmerung (Links) und am Kapitelplatz (Rechts).

Schon ging es los und ich düste mit der Masse raus aus Salzburg Richtung Salzkammergut. Anfangs ging es gemächlich voran…eigentlich ist der Plan in einem Ultra zu Beginn konservativ zu starten, damit nicht zu früh notwendige Energie verbraucht wird. Jedoch war ich nervös die ambitionierten Cut-Off Zeiten zu schaffen. Sorgen machen braucht ebenfalls Energie und ich entschied mich lieber mentale Energie zu sparen und gab etwas mehr Gas, als ich es sonst wohl getan hätte und hoffte, dass die Taktik nicht die falsche war. Die Kilometer zogen schnell vorbei und ich kam mit einem guten Zeitpolster zu den ersten Verpflegungen. Durchatmen, auffüllen und weiter, denn nun gingen die Höhenmeter los und die Herausforderung startete richtig.

Bild 3: Hinaus aus Salzburg mit ersten Blick ins Salzkammergut.

Am Faistenauer Schafberg wurden wir mit dem ersten Ausblick auf den Fuschlsee belohnt, der uns mit strahlendem Blau begrüßte. Von dort aus ging es aufs Zwölferhorn und beim Abstieg hieß es mit den Kräften haushalten, sollten doch ~1000hm bei ~20% Gefälle bewältigt werden. Danach kam ich in St. Gilgen an und durfte endlich meine Crew (die aus einer Person bestand = danke Matthias <3 ) treffen. Nach kurzem Austausch wollte ich zügig weiter auf den Schafberg, um die letzten großen Höhenmeter in Angriff zu nehmen. Den See entlang kam nun die Mittagssonne heraus (bei moderaten 25°C), die sich aber doch überraschend stark anfühlte. Mir war klar: nun ging der Wettkampf richtig los!

Bild 4: Ankunft in der Verpflegungsstation St. Gilgen (Links) und davor Blick vom Zwölferhorn und Gipfelkreuz (Mitte). Irgendwo auf der Strecke beim Faistenauer Schafberg (Rechts).

Bergauf ist meine Stärke und normal überhole ich hier alle, die mich bergab wieder einsammeln. Aber am Weg auf den Schafberg wurde ich plötzlich langsamer. Auf einmal war ich nicht mehr die Überholende sondern wurde überholt und ich musste mich sehr anstrengen um weiterzukommen. „Come on Elisabeth, it’s the last nasty hill“, sprachen mir die anderen Läufer:innen zu, die mich überholten. Soviel zu Hügel: 1. Das war bitte ein Berg, 2. Es fühlte sich auch an wie ein Berg! Für mich ging nichts mehr und ich musste mich sehr konzentrieren und motivieren, um überhaupt einen Fuß vor den anderen zu setzen. Was war passiert? Vor 1-2km ging es mir noch total gut!

Für mich war klar: hiermit war das Rennen vorbei, den Kraft und Wille hatten mich komplett verlassen. Ich stellte mir vor, wie ich stattdessen im Wolfgangsee lag und Füße und Arme von mir streckte und ein kleiner Stern im See von Wasser umhüllt war. „Gut, rauf zum Schafberg machst du noch, dann legst du dich hin und dann fährst du heim“. Sehr guter Plan, dachte ich mir. Körperlich konnte ich so nicht noch 40km machen. Auf keinen Fall! Doch dann kam es ganz anders und auf einmal überholte ich wieder andere Läufer:innen und plötzlich war ich am Berg angelangt. Vorsichtig etwas essen: wuhu es ging wieder, und ab hinunter.

Als ich in der Verpflegung in St. Gilgen ankam fühlte ich mich viel besser und war bereit eeewig weiterzulaufen. Ich war euphorisch: wieso bei 100km aufhören? Jetzt würden auch 100 Meilen gehen, dachte ich mir in meinem Hoch. Sah man mir an, dass ich durch absolute Tiefen gegangen und nun eine unbesiegbare Laufmaschine war? Ganz bestimmt!

Mit neuer Motivation und Kraft (woher auch immer, denn gegessen hatte ich leider die letzten 3 Stunden nicht viel) nahm ich den Anstieg nach Fuschl ins Visier. Flott war ich am See angekommen. Dort erwartete mich eine nette Überraschung: ich traf Michael, mit dem ich beim Wien Rundumadum bereits ein Stück gelaufen war (auch immer dieselben Verrückte bei den Bewerben) und wir beschlossen die nächsten 5-10 km gemeinsam zu laufen.

Bild 5: entlang des Wolfgangsees (Links und Rechts) und bei der Ankunft in Hof nach ~87 km (Mitte).

Es ging weiter bergauf und bergab und bei der nächsten Verpflegung traf ich wieder auf Matthias. „Beim nächsten Mal sehen wir uns schon um Ziel, du machst das“. Sowieso, dachte ich mir, das Ende naht und ich brilliere. Ein gefährliches Gefühl, den lagen doch noch gute 20km und ~1000hm vor mir. Dennoch ging es gut voran und ein Stück später sagte die Beschilderung mir voraus, dass wir demnächst die 100km Marke passieren sollten. Für mich ein historischer Moment, den wollte ich nicht verpassen. Leider hatte ich aber das Gefühl für Distanz und Zeit verloren (was per se nicht schlecht war) und ich verpasste den Moment. Enttäuschend: ein bisschen wie wenn man Mitternacht zu Silvester verpasst…

Aber ich war gedanklich schnell weiter, denn am Ende zählte nur das Ziel und das war noch ein paar Kilometer entfernt. Immer näher ging es also Richtung Salzburg zurück und ich hatte mich mit Anke zusammengetan, die wie ich das Ziel verfolgte noch ohne Stirnlampe anzukommen. Das ging jedoch nicht auf, den im schattigen Wald war die Dämmerung schnell dunkler als erwartet. Mit Stirnlampe bewältigte ich also die letzten Höhenmeter und auf einmal war ich wieder in der Stadt.

Jetzt warf ich erstmals auch einen Blick auf mein Handy und sah die lieben Motivationen und Glückwünsche vom ganzen Team RunSport <3. Die Emotionen liefen nun auf Hochtouren: jetzt realisierte ich erstmals, wie nah das Ziel tatsächlich war und all die Sorgen, ob ich es erreichen würde fielen schlagartig von mir ab! Die Passanten jubelten uns zu und lotsten uns zum Kapitelplatz. Dort war kein Halten mehr und ich düste über die Ziellinie. Unglaublich: immer wieder hatte ich mir diesen Moment vorgestellt, fast wäre er mir im Laufe des Tages aus den Händen gerutscht und nun wurde er doch noch war. Ich war überglücklich! 

Bild 6: Voller Freude mit Medaille im Ziel (Rechts). Blick auf den Einlauf und die Festung im Zielbereich (Links oben und unten).

Im Ziel begrüßte mich Matthias und ein paar (Beweis)Fotos später schien Sitzen eine gute Idee. Besonders gegenüber vom Roten Kreuz Wagen. Was war der schmerzhafteste Moment des Abends? Hinsetzen am Kapitelplatz nach den ~106km und 5400hm oder doch die Schuhe ausziehen? Naja liegt zumindest eng beieinander 😛

Nachher wackelte ich gestützt auf meinen Stecken zum Hotel. Liftfahren war ab nun das Transportmittel der Wahl und die Stufen würde ich mir das restliche Wochenende verdient sparen. Die Regeneration wollte ich aber gewissenhaft angehen und beschloss das schöne Wetter zu nutzen und ins Bad zu gehen. Im Wasser angekommen streckte ich Arme und Beine von mir und ließ mich treiben. Nun war ich doch noch ein kleiner Stern im Wasser und dachte zurück an den mozart100. Im Wolfgangsee hätte es sich noch netter treiben lassen, aber ich bin froh, dass ich durchgehalten hatte und sehr stolz auf mich 🙂

Bild 7: Die Wall of Fame in der ich mich jetzt auch sehe 😉 (Links), meine Distanz mit Finish (Mitte) und am nächsten Tag im Bad kurz bevor ich ein kleiner, glücklicher Stern im Wasser war (Rechts).