Wien am 23. September 2023
Um 4:30 läutet heute mein Wecker. Alles liegt schon vorbereitet in der Küche: Laufoutfit, Wechselgewand, Frühstücksmüsli. Nur schnell bei der Tür raus, bevor der Körper drauf kommt, dass es eigentlich viel zu früh ist. Im Zug wird sowieso nochmal gedöst! Aber viel länger als eine Stunde braucht die ÖBB nicht von Wien Meidling nach Linz, Erholung kann das keine mehr sein. Um kurz vor Sieben stehe ich also schon vor dem Biogena Shop am Taubenmarkt in Linz. Zwei Fahnen markieren die Startlinie. Unter einem aufgestellten Pavillon werden die Startnummern ausgegeben. Immer wieder steigen Läufer bei der Straßenbahnhaltestelle direkt gegenüber aus, holen ihre Nummern, richten die Ausrüstung, noch ein Foto, dann Start QR Code Scannen und durch die Fahnen davon. Hier gibt es weder Massenstart noch Zeitnehmungschip. Gestartet kann zwischen 5:30 und 8:00 Uhr werden. Die Zeitnehmung findet über zwei QR Codes auf der Startnummer statt, die mit dem Smartphone gescannt werden. Einer für den Start und einer für das Ziel. Man vertraut einander, es gibt ja auch keinen Grund für Misstrauen!
Der Sternsteintrail ist als Genusslauf angelegt und versucht als solcher den Wettkampfgedanken möglichst in den Hintergrund zu drängen. Hier können alle teilnehmen die Lust auf einen Marathon mit stattlichen 1600 hm haben. Ob Gehen, Laufen oder Walken. Der Trail hat für alle etwas zu bieten und ist mit kulturellen und kulinarischen Highlights so gespickt, dass er in jedem Tempo spannend bleibt.
KM 0
Also bin ich jetzt hier beim Start. Und schon komme ich auf einen Ausrüstungsfehler drauf! Ich habe um Gewicht bei der Anreise zu sparen meine zwei 300ml Flasks für meinen Laufrucksack nicht aufgefüllt, da ich annahm ich werde sie beim Start schon auffüllen können. Da ist ja der Biogena Shop, die werden doch Wasser haben! Nein leider nicht. Erst Labe erst in 10 km. Macht nix! Die ersten 10 km trinke ich meistens sowieso nichts und das Wetter ist auch ok.
Für mich ist es, für dieses Jahr, die genau richtige Veranstaltung. Mein Trainingspensum ist aus persönlichen Gründen heuer sehr reduziert, aber Marathon wollte ich trotzdem einen laufen. Also dann am Besten einen Marathon, bei dem es um nix als das Laufen selber geht.
Ich renn also um 7:24 Richtung Linzer Hauptplatz los und stehe nach fünfzig Metern vor einer roten Ampel. Ok, der Läufer der eine halbe Minute vor mir seinen QR Code gescannt hat war anscheinend clever genug seinen Start mit der Ampel zu timen. Der ist auf jeden Fall weg. Nach dem Hauptplatz die nächst rote Ampel. Das war es aber dann mit lästigen Verkehrssignalen! Die Route verläuft jetzt immer gerade aus Richtung Norden, ins Mühlviertel. Schon nach ca. 15 Minuten verlasse ich die Stadt. Für mich ist es von Mal zu Mal faszinierend, wie schnell man sich als Läufer raus dem dicht besiedelten Stadtzentrum in einem angenehm ruhigen Waldstück wiederfinden kann. Mein Kopf kommt da manchmal gar nicht so schnell mit, und so fühlt sich das Laufen durch den wunderschönen „Urwaldtrail“ neben dem Diesenleithenbach wie Aufwachen an. Jetzt bin ich auf der Strecke! Immer wieder tauche ich aus dem Wald aus und überquere Wiesen. Es geht stetig bergauf. Der Weg meandert, aber die Himmelsrichtung ist absolut klar, immer gegen Norden. Die Wanderer die ich überhole werden jetzt schnell zahlreicher. Als Läufer rollt man bei diesem Trail das Feld von hinten auf. Psychologisch ist es extrem angenehm wenn viel auf der Strecke los ist.
KM 10
Die Ortschaft Lichtenberg wird von der Route nur gestriffen und bei der Giselawarte sind schon ca. 10 km und 700 hm absolviert. Davor ist bei dem Gasthaus zur GIS die erste Labestelle. Hier fülle ich meine Flaschen endlich auf. Ich bleibe aber nicht lange, da ich weiß, dass die nächste Labe nur 5 km entfernt ist und Suppe zu bieten hat.
Nach der Giselawarte geht es endlich einmal ein kleines Stück bergab. Jetzt macht sich meine Schuhwahl endlich bezahlt. Schon beim Start ist mir aufgefallen, dass viele Läufer diesen Trail mit Straßenlaufschuhen angehen. Grundsätzlich ist das für das Gelände auch völlig ausreichend. Jedoch muss, vor allem bei dem feuchtkalten Wetter, bergab auf Waldweg mit Straßenlaufschuhen schon sehr gut aufgepasst werden. Da fliege ich mit meinen Trailschuhen einfach runter. Und das macht wieder irre viel Spaß.
Nach einem kurzen Bergaufstück gibt es in Kirchschlag tatsächlich Nudel-Gemüse-Suppe. Leider sind die Nudeln aus. Also nur Gemüse-Suppe für mich. Die schmeckt dafür wirklich sehr gut!
Nach der Stärkung erhöhe ich mein Tempo. Jetzt sind wir mitten im mühlviertler Hochland. Die nächsten 20 km sind ein ständiges Auf und Ab. Der Trail wechselt zwischen Asphalt, Waldweg, Forststraße oder matschiger Wiese. Bei einem unkoordinierten Überholmanöver steige ich in eine tiefe Gatschlacke und freue mich wieder mal über meine Trailschuhe.
KM 21,1
Kurz vor Zwettl an der Rodl kommen wir bei der Halbmarathonmarkierung vorbei. In Zwettl kommen die Teilnehmer des Hochlandtrails dazu. Diese verkürzte Distanz endet auch am Sternstein und hat 18,2 km und 710hm.1
Nach dem durchlaufen der Zwettler Bauernhöfe geht es auf dem wildromantischen Bienenwanderweg weiter. Für mich ein Highlight auf der Strecke. Der Weg ist hier teilweise angenehm breit und geschottert. Die nächste Labe ist beim Golfclub Sterngartl. Beim Restaurant Waldinsel gibt es Brote mit verschiedenen Aufstrichen, dünn aufgeschnittenes Fleisch und Saft.
Der gesamte Trail ist ausgesprochen gut markiert. In Linz sind teilweise Bodenmarkierungen am Asphalt auf denen Sternsteintrail geschrieben steht. Auf Laternen oder Schildern sind Pickerl angebracht. Es gibt orangene Markierungen auf Steinen am Weg. Und überall wo keine fixen Markierungen möglich waren, sind kurze Stücke Absperrbänder aufgehängt. Zusätzlich wird eine GPX Datei zu Verfügung gestellt, mit der die Route getrackt werden kann. Eigentlich kann man sich nicht verlaufen.
KM 30
Nach der Durchquerung des kleinen Ortes Schönaus geht es durch den Brunnwald, vorbei am Bad Leonsfelder Moor. Hier im dichten Holz wird mein Lauf jetzt doch sehr einsam. Über Kilometer treffe ich jetzt niemanden mehr. Der Nebel und die Stille des Waldes lassen mich ruhig dahingleiten. Dieses Stück ist wohl eines der eindrücklichsten und gleichzeitig gefühlt kürzesten Stücke für mich auf der Strecke.
Nächste Station ist schon Bad Leonfeld. Noch einmal Auftanken bei der Labe vor dem Spa Hotel Bründl und hinauf geht es auf den Sternstein. Der Trail verlässt den Ort über frisch gepflügte Felder und verschwindet bald wieder im Wald.
KM 42,2
Das Gelände wird jetzt zunehmend steiler und teilweise auch schlammig. Ab der Waldschenke wird der Weg steinig. Die letzten Höhenmeter bis zur Sternsteinwarte sind dann doch gut intensiv. Bei der Warte genehmige ich mir einen kurzen Abstecher hinauf. Dei dem immer noch vorherrschenden Nebel lohnt sich das jedoch kaum, ich sehe gerade mal die umstehenden Bäume.
Danach geht es wieder runter zur Waldschenke. Und durch den Zielbogen. Da habe ich nochmal richtig viel Spaß beim Downhill laufen!
Vielen Dank liebes Veranstalterteam für diesen wunderbaren Trail. Der Sternsteintrail hat wirklich sehr viel Spaß gemacht! Ein echtes Susi Sorglos Paket für Läufer.
Autor: Johannes Zeger