Endlich wieder ein Marathon! Und dann auch noch so ein Schöner! Erst als ich im Starterfeld in Bad Ischl stehe, merke ich, was mir die letzten zwei Jahre abgegangen ist. Diese wunderbare Gewissheit, dass die nächsten dreieinhalb Stunden ungestört, nur der Nase nach, gelaufen wird. Und, das Wort „ungestört“ ist beim Salzkammergut Marathon über weite Strecken Programm.
In den Morgenstunden des 10. Oktober 2021 zeigt sich Bad Ischl bedeckt und verschlafen. Es war die letzten Tage recht kühl und regnerisch, die Temperaturen sind in der Nacht bis auf knapp über den Gefrierpunkt gesunken. Heute wird das Thermometer wohl kaum über 10°C klettern. Dass hier gleich ein Marathon starten soll lässt nicht viel vermuten. Da und dort sieht man einen Läufer, gut eingepackt in einen Trainingsanzug, aufwärmen oder mit dem Startersackerl herum irren. Erst wenn man kurz vor dem Start um 9:15 in die angenehm geheizte Trinkhalle eintritt, weiß man wo sich der Groh der 123 Marathoni aufhält. Die Stimmung ist gut und ausgelassen. In dem lichtdurchfluteten langen Raum, der an eine Minderausgabe des Barockschloss Schönbrunn erinnert, stehen, sitzen und dehnen sich die Mitbewerber. Auf den Tischen liegt allerhand Ausrüstung, viele treten diesen mit über 400 Höhenmeter herausfordernden Marathon, lieber mit Laufrucksack, Jacken und extra Wasser an. Auch ich habe meinen Laufrucksack dabei, lasse ihn jedoch doch lieber mit dem Gepäcktransport zum Ziel befördern. Das Wetter ist stabil angesagt und erste Sonnenstrahlen kommen jetzt schon durch den grauen Himmel.
Nach dem Startschuss geht die Strecke zunächst die Kaiser-Franz-Joseph-Straße und dann die Salzburg Straße durch Bad Ischl entlang. Schon nach dem ersten Kilometer wird die Stadt verlassen und die Strecke geht auf dem schottrigen Dammweg neben der Ischl weiter. Hier treffen die Läufer immer wieder auf verwunderte Spaziergänger die auf dem dünnen Pfad zur Seite weichen müssen. Ich laufe in diesen ersten 5 km in einer Gruppe von ca. 6 Männern die sich bei einem Pace von 4:40 ganz gut gefunden hat.
Bei der Ortschaft Kräutern verlassen wir den flachen Uferbereich und die ersten Steigungen müssen überwunden werden. Sobald Höhenmeter ins Spiel kommen gehen die Tempi auseinander und unsere Gruppe zerfleddert sich schnell. Ich neige dazu, Anstiege eher schneller zu überwinden, und auf der Geraden verhältnismäßig langsam zu laufen. Andere Läufer werden deutlich langsamer bei Steigungen und nehmen danach wieder mehr Fahrt auf. So entsteht auf den nächsten hügeligen Kilometern ein sehr nettes Überholspiel. Nach und nach werden die Abstände jedoch großer.
Die 13 Kilometer bis zum Ufer des Wolfgangsees sind nur wenige Zuseher auf der Strecke und sie wirken eher als wären sie zufällig vorbei gekommen. Angefeuert wird aber trotzdem fleißig. Ab und zu winkt auch eine alte Bäuerin von einem mit Schnitzereien verzierten hölzernen Balkon. Solche charmanten Eindrücke beflügeln die noch recht frischen Waden.
Beim Wolfgangsee kommen die von Gschwendt startenden 10km Läufer und die von Strobl startenden 5,2km Läufer auf die Strecke dazu. Der vierte Lauf des heutigen Tages ist der legendäre Wolfgangseelauf. Diese 27km Runde um den See startet in St. Wolfgang. Bis auf den Marathon starten die anderen drei Bewerbe zeitgleich um 10:30. Ziel von allen Bewerben ist St. Wolfgang.
Von den beiden kürzeren Läufen bekomme ich jedoch nichts mit, beim Startschuss bin ich schon über St. Wolfgang hinaus.
Trotzdem sind jetzt deutlich mehr Zuseher auf der Strecke. Schon nach den ersten Kilometern entlang des Sees werden die Marathonis von einer Trommlergruppe angespornt. Das Zentrum des Laufreigens um den Wolfgangsee trifft sich dann bei unserem fünfzehnten Kilometer in der Ortschaft St. Wolfgang. Die Marathonläufer werden auf einem eigenen Kurs, vorbei am Startbereich der 27km Runde, durch die Gassen geführt. Hier wird die erste Zwischenzeit gemessen. Da ich solches schmale Gassengewirr zum „durch-fetzen“ liebe, beschleunige ich hier nochmal mein Tempo und übersehe in einer Kurve beinahe eine Labstation, bei der ich mich ordentlich einbremsen muss. Apropos Labstationen: Im Abstand von 6 bis 3km sind auf der gesamten Strecke insgesamt 11 Labstationen mit Wasser, Tee, Iso, Bananen,… aufgestellt. Die Dichte an Stationen überrascht mich sehr angenehm.
Die nächsten drei Kilometer vergehen wie im Flug, getragen von der guten Stimmung neben der Strecke. Und dann … nach achtzehn Kilometern wird dem Marathoni der Weg am Ufer von der Falkensteinwand versperrt. Es gilt jetzt den Falkenstein 1,5 km und 200 Höhenmeter bergauf zu laufen. Zunächst noch auf Asphalt, danach über Wanderwege und Waldboden. Hier kommt wieder mein Berglauftraining zu tragen. Während einige meiner Kollegen schon auf schnelles Gehen umstellen, bleibe ich noch im Laufmodus und mache ein paar Plätze wett.
Kurz nach der höchsten Stelle, bei der Falkensteinkirche, höre ich hinter mir schnelle Schritte und werde von Markus Lemp, dem späteren Gewinner des Wolfgangseelaufes überholt. Er wird die 27km mit einer Zeit von 1h33min und einem durchschnittlichen Pace von 3:26, 7 Minuten vor dem Zweitplatzieren, beenden. Sehr beeindruckend, ich hätte gerne gesehen wie der die Steigung genommen hat!
Den Falkenstein runter ist es recht lustig aber auch steil und rutschig. Meine leichten Wettkampfschuhe fühlen sich jetzt etwas deplatziert an und ich muss aufpassen, dass ich nicht verknöchel. Trotzdem hüpfe ich schnell den Berg herunter und kann auf den nächsten km, die malerisch, nahe am Wasser verlaufen, viel Schwung mitnehmen. Jetzt gibt es auch wieder mehr Stimmung auf der Strecke, da die Marathonis nach und nach von den 27km Läufern überholt werden.
Flott geht es weiter durch St. Gilgen, wo wieder viele Zuseher anfeuern. Nach St. Gilgen geht die Strecke am Südufer direkt neben der gut befahrenen Bundesstraße bis Gschwand weiter. Hier bei km 31 gibt es wieder eine Zeitmessung.
Leider etwas zu früh als erwartet beginnen jetzt meine Waden kräftig zu schmerzen. Ich muss Tempo heraus nehmen und schleppe mich jetzt über die nächsten km die uns weg von der Bundesstraße über kleine Straßen und dünne kiesige Pfade führen. Ein an sich sehr schöner Streckenabschnitt, da die freien Felder oft schöne Blicke auf den See und den gegenüber liegenden Schafberg freilegen. Trotz Sonnenschein und nun angenehmer Temperatur kann ich das Ambiente nicht mehr genießen, jetzt kommt die heiße Phase! Zwei der Mitbewerber die ich am Falkenstein stehen gelassen habe, ziehen jetzt wieder an mir vorbei.
Nach Beendigung der Seeumrundung in Schwarzenbach, wo die Marathonis auf die schon gelaufene Strecke zurück kommen, geht es mit mir wieder etwas bergauf. Die drei Labstationen auf diesem Streckenabschnitt, mein mitgeführtes Energy-Gel und die Gewissheit nur mehr 3km bis zum Ziel laufen zu müssen, geben mir wieder etwas Schwung. Jetzt kenn‘ ich die Strecke schon. Noch einmal die Trommler, noch einmal entlang vom See, noch einmal die Gassal in St. Wolfgang und …. Geschafft! 3:22:59, Pace 4:48 min/km, Gesamtrang 13 … ich bin zufrieden.
Gewonnen hat den Salzkammergutmarathon 2021 Marco Bscheidl aus Deutschland mit 2:50:19. Die schnellste Dame ist eine Minute nach mir ins Ziel eingelaufen, Renate Veigl mit 3:24:15.
Im Fazit war es ein wunderbarer Marathon. Sehr gut Organisiert. Eine tolle Stimmung und genügend Raum auf der Strecke. Abwechslungsreich mit tollen Herausforderungen. Landschaftlich sehr beeindruckend. Und, das Wetter hat dieses Jahr auch sehr gut mitgespielt.